Brachvögel und Pfeifenten

von | Feb. 7, 2024

Zum Jahreswechsel 23-24 besuchte ich traditionell meine Familie in Vorarlberg, die in Lustenau am Rhein wohnt. In dieser Gegend befand sich ursprünglich ein riesiges Sumpfgebiet, in dem sich in einem gemeinsamen Delta neben dem Rhein auch die Dornbirner Ach und die Bregenzer Ach auf dem Weg in den Bodensee befinden. Heute sind die Flüsse in diesem Abschnitt grösstenteils kanalisiert, und vom ursprünglichen Delta sind noch einige schöne Reste vorhanden. Heute besteht hier ein etwa 2’000 Hektar grosses Natura-2000 und Ramsar Naturschutzgebiet. Wenn ich zu Hause bin, ist eines meiner ersten Vorhaben meistens eine Erkundungstour in dieses Gebiet. An diesem Tag war ich unterwegs auf einem Damm von Fußach Richtung Rohrspitz. Da dehnen sich rechter Hand grosse Schilfflächen und Uferbereiche aus und linker Hand extensive Wiesen mit feuchten Abschnitten, Kanälen und offenen Teichen.

Im Vordergrund der Pfeifententrupp, im Hintergrund die Brachvögel, Robert Mršić

An so einem Teich hörte ich schon aus der Entfernung den charakteristischen melancholischen „Kur-li“ Ruf des Grossen Brachvogels als auch den Glissandopfiff „Wiu“ der männlichen Pfeifente. Als ich näher hinkomme, sehe ich einen grossen etwa 300 bis 400 Individuen zählenden Pfeifententrupp und rund 80 bis 100 Grosse Brachvögel einmütig miteinander ihren Winterbeschäftigungen nachgehen.

Der Brachvogel ist ein sehr hübscher, grossbeiniger und eleganter Watvogel mit einem sehr langen Schnabel. Der grösste dieser Art in Europa. Eine Gruppe steht in einem Flachwasserbereich und badet das Federkleid. Andere sind am Uferrand und picken mit ihren Schnäbeln Insekten und Weichtiere aus der Wiese. Sie können mit dem pinzettenartigen Schnabel auch ausgezeichnet im Schlamm nach Essbarem stochern. Ab und zu fliegt ein kleiner Trupp auf und wechselt den Platz. Eine Gruppe ist auch mitten in der Wiese unterwegs, wo sie sich in weiten Abständen zueinander in eine Richtung fortbewegen. Der Flug ist schön anzusehen, offenbart ihre kompakte Flugform, ihren weissen unteren Rücken und ihre langen gebogenen Schnäbel.

Grosser Brachvogel, birds-online.ch

Die Pfeifenten sind sehr gesellige Entenvögel. Sie sind meistens eng zusammen, sowohl im Wasser als auch an Land. Wenn sie aus dem Wasser in die Wiesen gehen, sieht es aus wie eine zusammenhängende, gemeinsam fliessende Entengruppe. Ähnlich wie sich flüssiger Teig langsam auf einer Oberfläche ausbreitet. In der Wiese weiden sie, sich langsam in eine Richtung bewegend, genüsslich Gräser ab. Die rostbraunen Köpfe und die weisen Flügelfelder der Männchen sind gut von freiem Auge zu erkennen. Die Brachvögel sind locker am Rand der grossen Entenformation verteilt. Nach einiger Zeit „fliessen“ die Pfeifenten wieder, ähnlich wie sie rausgekommen sind, ins Wasser zurück.

Männliche und weibliche Pfeifenten, birds-online.ch

Beide Arten sind sogenannte „Wintergäste“ bei uns. Sie brüten im hohen Norden und suchen im Winter gemässigtere Gebiete auf. Der Brachvogel war früher noch einigermassen verbreitet als Brutvogel bei uns, aber mit den bekannten Entwicklungen ist er das heute nicht mehr. Im Winter sind beide Arten in recht guten Zahlen am Bodensee, am Neuenburger See und auch am Klingnauer Stausee zu sehen.

Ich konnte mich an diesem Tag kaum lösen von diesem schön anzusehenden Wintercamp. Dieses gemütliche, lockere und friedliche Zusammensein dieser beiden schönen Vogelarten erfüllte mich mit anhaltender Freude und der Hoffnung, solche Szenerien regelmässiger sehen zu können.